Die UEFA A-Lizenz gilt als eine der höchsten Trainerqualifikationen im Fußball und ist ein Meilenstein für ambitionierte Trainerinnen und Trainer. Doch was bedeutet es wirklich, diese Ausbildung zu durchlaufen? Welche Herausforderungen begegnen einem, und welche Erkenntnisse nimmt man für die eigene Entwicklung und tägliche Arbeit mit?
In diesem Interview gibt uns Thomas Kettner – erfahrener Trainer und Autor zahlreicher Fachbücher beim Institut für Jugendfußball – exklusive Einblicke in seinen Weg zur UEFA A-Lizenz. Thomas teilt mit uns seine Motivation, den Bewerbungsprozess zu durchlaufen, spricht über die größten Herausforderungen während der Ausbildung und verrät, welche Themen ihn besonders inspiriert haben.
Freu dich auf spannende Einblicke in die Ausbildung, praxisnahe Impulse für die Trainertätigkeit und wertvolle Tipps für alle, die selbst mit dem Gedanken spielen, diesen Schritt zu gehen. Viel Spaß beim Interview!

Was hat dich dazu motiviert, die UEFA A-Lizenz zu machen, und welche Ziele hattest du dabei?
Durch meine Tätigkeit in der Regionalliga Frauen, wo doch viele Trainer bereits die A-Lizenz haben, hat es mich irgendwie interessiert, wie weit ich bei dem neuen Punktesystem des DFB kommen würde.
Aus diesem Grund habe ich einfach mal den Bewerbungsprozess im Frühjahr 2024 durchlaufen.
Wie würdest du die Herausforderungen während der Ausbildung beschreiben? Gab es Momente, die dich besonders gefordert haben?
Da ich weder eine Profikarriere als Spieler, noch eine langjährige Tätigkeit in einem Nachwuchsleistungszentrum vorzuweisen hatte, war die größte Herausforderung überhaupt einen Teilnehmerplatz zur neuen A-Lizenzausbildung des DFB zu bekommen.
Bis vor wenigen Jahren konnte man die A-Lizenz noch in einem 2-wöchigen Lehrgang mit 3 Tagen Abschlussprüfung erlangen. Dies hat sich nun grundlegend geändert.
Mittlerweile ist die Ausbildung nicht nur wesentlich umfangreicher und teurer, sondern auch wesentlich praxisnäher und tiefgründiger. Dies hat jedoch zur Folge, dass die Anzahl der Teilnehmer für die zweithöchste Trainerlizenz des DFB entsprechend limitiert wurde und die Anforderungen zur Zulassung entsprechend gestiegen sind.
Das Ausprobieren und Diskutieren über vielfältige Strategien und Philosophien mit den anderen Trainern hat mir extrem viele Anregungen für meine zukünftige Trainertätigkeit gegeben.
Thomas Kettner
Der enge zeitliche Rahmen (6-7 Monate für die Inhalte der Ausbildung) in Verbindung mit einem normalen Arbeitsverhältnis und der verpflichteten Trainertätigkeit, hat schon ein hohes Stresslevel erzeugt. Dies wurde bereits im Laufe des letzten Jahres vom DFB erkannt. So wurde ab 2025 die Ausbildung nun bei gleichen Ausbildungsinhalten (360 Lerneinheiten + Hospitation), auf 10 Monate anstatt 6-7 Monate, ausgedehnt.
Es gibt nun pro Jahr 2 A-Lizenz-Kurse die parallel laufen. So wird sich nun auch die Anreisezeiten für viele Teilnehmer reduzieren, da der ein Kurs in Kaiserau (bei Dortmund) und der andere in Grünberg (in Hessen) abgehalten wird. Ich persönlich hatte nach Barsinghausen immer 5-6 Stunden Anfahrt (per Auto). Die Teilnehmer aus Freiburg und München, entsprechend länger. Anreisetag war immer Sonntag. Wenn man an diesem Tag noch ein Spiel mit seiner Mannschaft hatte, traf man erst spät abends, wenn nicht sogar erst spät nachts in Barsinghausen ein.
Was waren für dich die wichtigsten oder überraschendsten Inhalte während des Lehrgangs?
Basierend dem Trainerentwicklungsmodel des DFB geht es grundlegend um vier Bausteine: ICH, SPIEL & SPIELER*IN, ORGANISATION und SYSTEM FUSSBALL.
Durch die extrem offene Feedback-Kultur innerhalb der Teilnehmer, wie auch der Ausbilder und Referenten bekam man tagtäglich „den Spiegel vorgehalten“. Man nimmt immer besser wahr, wie man auf andere wirkt, bzw. wie man etwas gerade macht. Dies ist jedoch ein fortlaufender Prozess, der mit Abschluss der A-Lizenz definitiv nicht abgeschlossen ist. Hier gilt es nun daran zu arbeiten, um sich selbst stetig weiter zu entwickeln.

Gab es bestimmte Themen oder Schwerpunkte, die dich besonders begeistert haben?
Für mich war es schon eine sehr stressige, aber extrem lehrreiche Zeit! Dies gilt für alle möglichen Themengebiete, da sich hier einfach für 6 Monate die Tür des Profifußballs geöffnet hat. Dies betrifft die Planung, Abläufe, Denk- und Verhaltensweisen, sowie auch Netzwerk.
So hat z.B. Sven Bender u.a. ein Referat über die Planung, Durchführung und Nachbereitung des Champions League-Endspiels 2024, Borussia Dortmund gegen Real Madrid gehalten. Sven war ja bis zum Sommer noch beim BVB als Co-Trainer tätig, ehe er zur SpVgg Unterhaching wechselte. Hier wurden Details aufgeführt, welche man weder in der Fachpresse, noch sonst wo erfahren kann.
Ebenso Hospitationsberichte, wie der von von Julia Simic, welche bei Fabian Hürzeler, der seit Sommer 2024 als jüngster Premier League-Coach überhaupt, den englischen Erstligisten Brighton & Hove Albion Football Club trainiert. Hier bekamen wir Einblicke von Teambesprechungen, Videositzungen und auch Detailcoaching vom Mannschaftstraining, bei einem der aktuell spannendsten Trainer Europas.
Wie hast du die Atmosphäre am DFB-Campus in Frankfurt erlebt? Was macht die Ausbildung dort besonders?
Die Ausbildung an sich war in der Sportschule Barsinghausen (bei Hannover), da das Zimmerkontingent im DFB-Campus in Frankfurt limitiert ist. Während der EM 2024 hatte die Nationalmannschaft der Türkei ihr EM-Quartier in Barsinghausen. Demzufolge war dort noch alles in einem Top-Zustand.
Die Atmosphäre war generell sehr gut! Dies war zum einen der kleinen familiären Sportschule, aber vor allem dem überragenden Teamgeist innerhalb der Gruppe und der sehr offenen Art der Ausbilder und Referenten geschuldet.
In wie fern hat sich die neue A-Lizenz-Ausbildung eigentlich gegenüber früher geändert?
Bis vor wenigen Jahren konnte man die A-Lizenz mit 2 Wochen Ausbildung und 3 Tage Prüfung erlangen.
Mittlerweile beinhaltet die Ausbildung 360 Lerneinheiten mit 7 Präsenzphasen (jeweils 3 Tage). Zwischen den Präsenzphasen sind die Anwendungsphasen im Heimatverein. Hinzu kommt noch eine mehrtägige Hospitation, die während der Ausbildung absolviert werden muss, sowie die Abschlussleistung im DFB-Campus in Frankfurt. Ich hatte mich mit der Bundesliga-Frauen der TSG Hoffenheim und den U19-Junioren des VfB Stuttgart, sogar für 2 Hospitationen entschlossen.
Flexible Trainingsplanung 6 – Zonenspiele für 13 bis 20 Spieler

Der sechste Teil der erfolgreichen Heftreihe „Flexible Trainingsplanung“ befasst sich mit dem Thema „Zonenspiele für Spielerzahlen von 13 – 20 Spielern“.
Welche neuen Impulse oder Erkenntnisse nimmst du konkret für deine Arbeit als Trainer mit?
Ich persönlich habe während der A-Lizenz-Ausbildung extrem viele Impulse und Anregungen in verschiedensten Bereichen wie Führung, Persönlichkeit, Medienkompetenz, aber auch Fachkompetenz und Methodenkompetenz, etc. erhalten.
Nun gilt es diese Impulse für sich mitzunehmen und sich selber weiterzuentwickeln. Immer basierend auf der eigenen Trainerpersönlichkeit.
Die Praxisnähe war hier mit Sicherheit mit entscheidend. So wurden immer wieder Themen in den Anwendungsphasen mit der eigenen Mannschaft bearbeitet. Sei es taktische Themen, oder auch Themen im Bereich Führung, Team, Umfeld etc.
Die Trainingseinheiten im Heimatverein, wie auch die während der Präsenzphasen wurden stets mit 2 Kameraeinstellungen gefilmt. Diese mussten im Nachgang synchronisiert und anschließend in den Online-Campus hochgeladen werden. Bei den 2 Kameraeinstellungen handelte es sich zum einen um eine „Totale“ (Vogelperspektive, sprich ganzes Spielfeld), sowie parallel eine Nahaufnahme des Trainers (Trainer-Cam). Zu jeder Trainer- und Co-Trainer-Einheit wurde von den Ausbildern, wie auch den anderen Teilnehmern Feedback, hinsichtlich Umsetzung der Ziele der Trainingseinheit, Persönlichkeit, Ansprache, Coaching, Fachkompetenz und auch Organisation gegeben. Es wurde einfach alles unter das Mikroskop gelegt!
Jeder der Teilnehmer hat unterschiedliche Erfahrung als Trainer oder auch Spieler mit in die Ausbildung eingebracht. Das Ausprobieren und Diskutieren über vielfältige Strategien und Philosophien mit den anderen Trainern hat mir extrem viele Anregungen für meine zukünftige Trainertätigkeit gegeben. Vor allem die Spielersicht ist immer mitentscheidend. Wie nimmt der Spieler etwas wahr? Komme ich mit meiner Idee an ihn heran? Hier haben vor allem die Ex-Spieler aus dem Profibereich wichtiges Feedback den Trainern gegeben, um zukünftig einfacher und auch zielgerichteter agieren zu können.

Wie haben dich die praktischen Übungen und das Feedback in deiner persönlichen Entwicklung als Trainer weitergebracht?
Wie bereits erwähnt, hat die praxisnahe Ausbildung, wie auch die offene Feedbackkultur, jeden Trainer auf ein wesentlich besseres Niveau gebracht. Man hinterfragt und überprüft sich ständig. Man schaut ob man Verhaltensweisen optimieren und verbessern kann. So schaut man sich auch immer wieder bei Kollegen Dinge ab, die ggf. zu einem selbst gut passen würden.
Wie möchtest du die neu gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen in deinem Trainer-Alltag umsetzen?
Durch die extreme Praxisnähe sind viele Themen bereits während der Ausbildung schon direkt in meinen Trainer-Alltag eingeflossen. Sei es im Coaching der Spieler, dem Wording, bei Spielergesprächen, oder auch bei Themen wie Organisation von Trainingsformen, etc.
Mittlerweile habe ich einfach viel mehr Klarheit bzgl. dem Fußball, den ich spielen lassen möchte und dem, was ich hierfür benötige. So habe ich auch meine individuelle Spielvision, weiterentwickelt. Mittlerweile habe ich mir eine Datenbank mit beispielhaften Videoszenen für jedes Spielprinzip erstellt, auf die ich jederzeit zurückgreifen kann.
Wie siehst du deine Entwicklung als Trainer in den nächsten Jahren?
Ich denke, dass ich eigentlich schon ein Trainer für den oberen Amateurbereich bin. Mittlerweile bin ich auch einer Trainertätigkeit im semiprofessionellen Bereich, sei es als Chef-Trainer, oder auch als Co-Trainer, gegenüber offen.
Jedoch muss sich dies dann halt einfach auch ergeben und alles passen. Deshalb sehe ich dies eigentlich ganz gelassen. Für mich gilt hier: Alles kann, nichts muss…

Gibt es eine Botschaft oder einen Rat, den du anderen Trainern mitgeben möchtest, die mit dem Gedanken spielen, die A-Lizenz zu machen?
Ich kann nur sagen, dass anders als in der Öffentlichkeit von vielen dargestellt, der DFB sich definitiv nicht verweigert, Trainern von weiter unten diese Ausbildung zugänglich zu machen. Die Zulassung erfolgt über ein transparentes Punktesystem. Je höher die Spielklasse als Spieler und als Trainer, umso mehr Punkte pro Saison bekommt man…
Sicherlich ist es für Amateurtrainer schwierig die notwendige Punktzahl für eine Zulassung zu erreichen. Aber an meinem Beispiel sieht man, dass es definitiv möglich ist!
Hilfreich, ohne Profi- oder NLZ-Erfahrung ist einfach viel Trainer-Erfahrung und relevante Bildung (fußballfachlich). Sei es die Trainererfahrung (über viele Jahre), sowie zusätzlich Aus- und Fortbildungen in den Landesverbänden, dem DFB oder bei anderen fußballspezifischen Anbietern.
Teilnehmer der A-Lizenzausbildung 2024:
Thomas Miller (FC Ingolstadt), Andy Nägelein (1. FC Nürnberg), Christopher Handke (1. FC Magdeburg), Dennis Kutrieb (BFC Dynamo), Dietmar Blicker (Karlsruher SC), Felix Roth (SC Freiburg), Friederike Mehring (Bayer 04 Leverkusen), Hannes Dold (1. FC Köln), Micha Alexander (SV Werder Bremen), Lars Bender (SV Wacker Burghausen), Sven Bender (SpVgg Unterhaching), Katharina Börger (SV Meppen), Marwin Bolz (Hamburger SV), Thomas Kurz (SSV Jahn Regensburg), Thomas Kettner (TSV Neuenstein), Julian Leist (SV Stuttgarter Kickers), Michael Pfannkuch (Al-Fateh Club, Saudi-Arabien), Matthias Rahn (FC Energie Cottbus), Hikmet Murat Salar (SV Newroz Hildesheim), Sidney Sam (FC Schalke 04), Michael Schubert (FC Bayern München), Tim Sebastian (RB Leipzig), Julia Simic (Eintracht Frankfurt), Aleksandro Petrovic (TSV Buchbach), Marco Stiepermann (ASC 09 Dortmund), Valentin Vochatzer (Dynamo Dresden), David Vrzogic (SV Meppen)
Lehrgangsleiter: Ralf Peter (DFB-Ausbilder) und Dennis Weiland (DFB-Ausbilder)