Frankreich gegen Argentinien ein rasantes Spiel mit vielen teilweise genialen Toren. Wir gucken mal hinter die Kulissen der insgesamt sieben Tore.
Frankreich – Argentinien 4:3
1:0 – Antoine Griezmann (FE)
Natürlich eine eher wilde Szene mit brutaler individueller Qualität. Trotzdem kann man kurz über die Position von Tagliafico reden. Zu keiner Zeit des Ballbesitzes ist er unspielbar (auch, wenn ein Anspiel eher unrealistisch ist). Er kann eine eher zentrale Position einnehmen und so effektiver absichern (gerade, sobald die Situation am Ball unübersichtlich wird und ein Ballverlust wahrscheinlich ist). Der Ball gelangt über Umwege zu Mbappe und ab geht die wilde Fahrt. Antoine Griezmann versenkt den späteren Elfmeter.
1:1 – Angel Di Maria
Ein gutes Beispiel wie unglaublich klein die Details sind, die zu Toren führen. Der Ball ist am argentinischen Flügel. Frankreich vervollständigt ein drei gegen drei, sichert durch Kante und schafft auch für eine Flanke im Zentrum Überzahl. Mbappe steht höher. Defensiv gilt: Jeder Spieler muss sich zu jedem Zeitpunkt – in Abhängigkeit von der Situation am Ball – die Frage stellen wer oder die größte Bedrohung für das eigene Tor darstellt. Lässt sich Mbappe also etwas fallen, schließt er den Passweg zu Di Maria und verhindert so einen Fernschuss, den man als neutraler Zuschauer natürlich nicht verhindert sehen will.
1:2 – Gabriel Mercado
Ein Tor nach Freistoß und die ewige Frage ob im Raum oder gegen den Mann verteidigt werden sollte. Grundsätzlich hängt das sehr stark von den eigenen und den gegnerischen Spielern und deren Qualitäten ab. Nicht umsonst gibt es inzwischen eigene Trainer für Ecken, Freistöße etc. Grundsätzlich verursacht eine Mannorientierung gerade bei einem zweiten Ball Chaos. Ein Chaos, das bei Raumdeckung nicht entsteht. Dafür fehlt es dabei ab und zu an Verantwortung. Man kann eben nicht alles haben…
2:2 – Benjamin Pavard
Wir klammern mal das fehlende Abkippen von Messi zu Beginn der Szene aus und konzentrieren und auf das Verhalten von Gabriel Mercado. Zu Beginn orientiert er sich an Griezmann, der ihn quasi mit nach innen nimmt. Er übergibt Griezmann an die nächste Reihe, passt seine Position aber nicht nochmals an. Ist in seinem Raum kein Gegenspieler, kann er Passwege verteidigen. Der Ball ist bei Pogba, der das Spiel ausschließlich (sofern er gefährlich werden will) über die rechte Seite weiterführen kann. Weder Mercado noch Pavon bekommen die Passweg zu und Frankreich kommt einfach hinter die Kette. Frankreich bringt zwei Spieler in den Strafraum und zwei weitere an den Strafraum. Pavard macht den Weg, sein Gegenspieler nicht und wird mit dem nächsten Traumtor belohnt.
3:2 – Kilian Mbappe
Diesmal klammern wir Messi nicht aus. Wenn konstant mit neun gegen zehn verteidigt wird, entstehen zwangsläufig Probleme. Der Ball geht in den Halbraum, Messi kappt nicht ab und lässt damit mögliche Pässe in die Mitte zu. Ballfern wird nicht weit genug verschoben, um im weiteren Verlauf Passwege in die Tiefe zu verteidigen oder aus Spielrichtung Druck herstellen zu können. Der Ball geht ins Zentrum und die Spieler der ehemaligen Ballseite attackieren die Tiefe (das geht, weil auf Pogba kein Druck aus Spielrichtung entstehen kann und weil potenzielle Passwege in die Tiefe nicht geschlossen werden). Somit wird der Flügel freigezogen und zwar so, dass sogar kein guter Ball gefährlich wird. Am Flügel wird kurz geschlafen und der Ball geht durch. Mercado findet sich im Niemandsland wieder (er kann weder außen helfen, noch innen verteidigen, weil die Flanke einfach über ihn fliegt). Frankreich zeigt mehr Überzeugung und bringt sogar eine Überzahl in den Strafraum, während Argentinien guckt und geht. So mussten sie zugucken, wie Mbappe seinen ersten Treffer erzielt.
4:2 – Kilian Mbappe
Mbappe kommt ins Laufen und erzielt seinen zweiten Treffer. Argentinien versucht vorne im zwei gegen vier den Ball zu pressen. Das ist nicht nur für Mathematiker grundsätzlich schwierig, sondern auch noch mehr ein Problem, wenn kein 6er nachkommt und zumindest mit einem vertikalen Pass ein drei gegen vier herstellt. Verteidigt man also konsequent zu zweit, geht das nur, wenn man mit den Pässen läuft und niemals den Torwart anläuft. Genau das passiert aber und das Feld ist offen. Danach ist Matuidis Position überragend. Er steht genau auf Höhe der Mittelfeldreihe Argentiniens und genau zwischen dem 6er und Außenspieler und bindet damit beide (gleiches passiert eine Eben weiter vorne, sodass auch aus der Richtung kein Druck kommen kann). Argentinien schließt mal so garkeine Passweg ins Zentrum und bekommt den Ball genau da hin. Ein Innenverteidiger wird herausgezogen, Matuidi behält seinen Bewegungsvorsprung und im Anschluss kann man gegen Frankreich nur noch beten… Mbappe versenkt mit Anlauf.
4:3 – Sergio Aguero
Den Abschluss des Spiels bildet Agueros Treffer kurz vor Schluss. Der Ball wird verlagert auf die rechte Seite, Kante sinkt viel zu weit ab, obwohl kein Gegenspieler in seinem Rücken ist. Er könnte höher stehen bleiben, früher Druck auf Messi machen und eine Flanke verhindern. Der Ball kommt genau zwischen zwei Franzosen, wo Aguero einläuft und einnickt.
Eine Analyse von Steven Turek